Fett oder Zucker: Was ist wirklich die Ursache von Typ-2-Diabetes?
Typ-2-Diabetes gehört zu den größten Gesundheitsproblemen des 21. Jahrhunderts – betroffen sind Millionen Menschen weltweit, auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Immer wieder steht die Frage im Raum: Ist zu viel Fett oder zu viel Zucker in unserer Ernährung die entscheidende Ursache für diese Erkrankung?
Was ist Typ-2-Diabetes?
Typ-2-Diabetes ist eine chronische Stoffwechselerkrankung, bei der die Aufnahme und Verarbeitung von Glukose aus dem Blut gestört sind. Dies geschieht entweder, weil die Bauchspeicheldrüse nicht mehr ausreichend Insulin produziert oder Körperzellen zunehmend unempfindlich gegenüber Insulin werden – eine sogenannte Insulinresistenz. Die Folge: Der Blutzuckerspiegel steigt an. Bleibt Typ-2-Diabetes unbehandelt, drohen schwerwiegende Komplikationen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Nierenschäden, Sehverlust und Nervenschäden.
Die klassischen Risikofaktoren: Wer ist besonders gefährdet?
- Übergewicht und Adipositas (insbesondere Bauchfett)
- Bewegungsmangel
- Genetische Vorbelastung
- Unausgewogene Ernährung, viel verarbeitete Nahrung
- Höheres Alter
Diese klassischen Risikofaktoren sind seit Jahren gut dokumentiert. Doch wie sie zusammenwirken und welche Rolle Zucker und Fett im Einzelnen spielen, wird weiterhin intensiv erforscht.
Zucker und Typ-2-Diabetes: Gibt es eine direkte Verbindung?
Immer wieder wird der Konsum von Zucker, insbesondere von zuckergesüßten Getränken, mit einem erhöhten Risiko für Typ-2-Diabetes in Verbindung gebracht. Tatsächlich belegen mehrere große Beobachtungsstudien, dass Menschen, die regelmäßig viel Zucker – vor allem als zugesetzten Zucker in Softdrinks, Desserts und verarbeiteten Lebensmitteln – konsumieren, häufiger an Typ-2-Diabetes erkranken1.
Doch: Zucker allein ist meistens nicht der Auslöser der Erkrankung. Vielmehr trägt ein hoher Zuckerkonsum dazu bei, dass Menschen an Gewicht zunehmen und sich ungünstige Blutfettwerte entwickeln. Übergewicht, vor allem im Bauchraum, gilt als Haupttreiber für Insulinresistenz und damit für die Entwicklung von Typ-2-Diabetes.

Die Rolle von Fetten in der Entstehung von Typ-2-Diabetes
Auch bei den Fetten gibt es Unterschiede: Früher galten Fett und fettreiche Ernährung insgesamt als Hauptrisiko. Neuere Studien zeichnen ein differenzierteres Bild:
- Gesättigte Fette (z. B. in Wurst, Butter, Käse, Backwaren) können die Insulinwirkung negativ beeinflussen und fördern Entzündungsprozesse im Körper.
- Ungesättigte Fette (z. B. in Nüssen, Olivenöl, Avocado oder Fisch) haben dagegen günstige Effekte auf den Stoffwechsel und können das Diabetes-Risiko sogar senken.
Das bedeutet: Nicht Fett generell, sondern die Art und Menge sind entscheidend. Wer viele gesättigte Fette zu sich nimmt – oft zusammen mit zuckerreichen Lebensmitteln –, erhöht sein Risiko ebenso wie bei permanenter Überernährung2.
Fett oder Zucker: Was sagt die Wissenschaft?
Internationale Übersichtsarbeiten zeigen übereinstimmend: Die Kombination aus zu viel Zucker, vor allem in flüssiger Form (wie Softdrinks), und ungesunder Fettauswahl, insbesondere gesättigte Fette, ist im Zusammenhang mit Übergewicht und Typ-2-Diabetes besonders problematisch3. Beide Nährstoffe sind bei einer typischen westlichen Ernährungsweise oft im Übermaß vorhanden.
Interessant: In Ländern mit traditionell pflanzenbasierter, ballaststoffreicher Ernährung – etwa mit viel Gemüse, Hülsenfrüchten und Vollkorn – ist Typ-2-Diabetes deutlich seltener, auch wenn moderate Mengen an Kohlenhydraten (inklusive einfache Zuckerarten in Früchten) konsumiert werden.
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Was passiert im Körper bei einer ungesunden Ernährung?
Eine dauerhafte Aufnahme großer Mengen an Energie (Kalorien) – egal, ob aus Zucker, Fett oder beiden – führt zu überschüssigem Körperfett, insbesondere im Bauchraum (viszerales Fett). Dieses Fettgewebe setzt entzündungsfördernde Botenstoffe und freie Fettsäuren frei, die die Funktion von Insulin im Körper weiter beeinträchtigen.
Gleichzeitig werden Leber und Bauchspeicheldrüse belastet, das Insulinsystem gerät aus dem Gleichgewicht – es entsteht die Insulinresistenz, die schließlich zum Typ-2-Diabetes führen kann.
Einfluss von Lebensstil und Ernährungsmustern
- Viel ballaststoffreiche Kost: reduziert das Diabetes-Risiko deutlich
- Wenig extrem verarbeitete Lebensmittel und Softdrinks: senkt das Risiko
- Regelmäßige Bewegung: verbessert die Insulinempfindlichkeit
- Vermeidung von Übergewicht: entscheidender Schlüssel zur Prävention
Die großen Fachgesellschaften (z. B. Deutsche Diabetes Gesellschaft, Europäische Diabetes Gesellschaft) empfehlen daher: Eine ausgewogene, abwechslungsreiche Ernährung mit vielen Pflanzenfasern, wenig zugesetztem Zucker und einer bevorzugten Verwendung von ungesättigten Fetten ist die wirksamste Vorbeugung gegen Typ-2-Diabetes4.

Mito oder Wahrheit: Weder Zucker noch Fett ist allein schuld
Wichtig zu wissen: Weder Zucker noch Fett ist allein Auslöser für Typ-2-Diabetes. Entscheidend ist das gesamte Ernährungsmuster und der Lebensstil. Der übermäßige Konsum von stark verarbeiteten Lebensmitteln, zu wenig Bewegung und häufige Kalorienüberschüsse steigern das Risiko. Menschen, die schlank, körperlich aktiv und ausgewogen essen, haben unabhängig von der Zucker- oder Fettmenge in den meisten Fällen ein weitaus geringeres Erkrankungsrisiko.
Was schützt wirklich vor Typ-2-Diabetes?
- Gewicht im Normalbereich halten
- Regelmäßige Bewegung in Alltag und Freizeit
- Früchte, Gemüse, Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte bevorzugen
- Zucker, insbesondere in Getränken, reduzieren
- Versteckte gesättigte Fette meiden, ungesättigte Fette nutzen
Ein Check beim Hausarzt mit regelmäßiger Kontrolle des Blutzuckers kann individuellen Risiken frühzeitig aufdecken.
Fazit: Das Zusammenspiel macht den Unterschied
Zusammenfassend zeigt die aktuelle Studienlage: Es ist nicht „Fett oder Zucker“, sondern das Zusammenspiel aus Ernährungsmustern und Lebensstil, das das Typ-2-Diabetes-Risiko bestimmt. Vielmehr sind Übergewicht und Bewegungsmangel die entscheidenden Stellschrauben. Wer auf eine abwechslungsreiche, pflanzenbetonte Ernährung achtet, Zucker und gesättigte Fette reduziert und Bewegung in seinen Alltag integriert, kann das persönliche Risiko für Typ-2-Diabetes erheblich senken.
Möchten Sie Ihr eigenes Risiko überprüfen oder lebensstilbezogene Veränderungen vornehmen? Vereinbaren Sie einen Beratungstermin bei Ihrer Hausärztin oder Ihrem Hausarzt, um gemeinsam eine passende Strategie zu entwickeln.
- Imamura, F. et al. (2015). Consumption of sugar sweetened beverages, artificially sweetened beverages, and fruit juice and incidence of type 2 diabetes: systematic review, meta-analysis, and estimation of population attributable fraction. BMJ, 351, h3576. Link
- Vega-López, S. & Ausman, L.M. (2017). Effects of Dietary Fat on Insulin Sensitivity and Secretion. Advances in Nutrition, 8(3), 475–484.